Im Rahmen unserer Ausstellung „Fröhlicher Anfang“, in der vom 27.09.2015 bis zum 23.01.2016 Schulfibeln aus einem Zeitraum von 100 Jahren ausgestellt wird, stießen wir auf einen Abakus. Dieses altertümlich anmutende Gerät war einigen Kolleginnen und Kollegen noch als Rechenhilfe aus der Grundschulzeit oder als Kinderspielzeug bekannt – doch wie genau funktioniert das nochmal? Ich habe mich einmal mit der Funktionsweise vertraut gemacht und einige Aufgaben im Selbstversuch durchgerechnet.
Was ist ein Abakus?
Ein Abakus ist ein Rechenhilfsmittel, das es ermöglicht, einfache Rechenaufgaben wie Addition und Subtraktion zu lösen. Aber auch anspruchsvollere Aufgaben der Multiplikation, Division und sogar des Radizierens (Wurzelziehen) können auf dem Abakus gerechnet werden. Der europäische Abakus besteht aus zehn horizontal angebrachten Streben in einem Rahmen, auf denen jeweils zehn Holz- oder Glasperlen angebracht sind, die sich verschieben lassen. Zumeist haben die Kugelreihen zur besseren Übersicht Kugeln aus zwei unterschiedlichen Farben.
Wie funktioniert ein Abakus?
Die zehn Streben stehen für zehn Zehnerpotenzen, d.h. die unterste Strebe steht für die Einer (), die zweitunterste für die Zehner (), die drittunterste für die Hunderter () usw. Die oberste Strebe hat die Potenz Zehnmilliarden (), sodass man Rechenaufgaben bis zu dieser Zahl lösen kann. Um eine Zahl auf dem Abakus darzustellen, unterteilt man sie zunächst in die verschiedenen Potenzen. Bei der Zahl 267 sind das 7, 60 und 200. Auf dem Abakus verschiebt man nun Perlen entsprechend der Potenz nach rechts. In diesem Fall würde man auf der unteren Strebe 7 Kugeln verschieben (7×1=7), auf der zweituntersten 6 (6×10=60) und auf der drittuntersten 2 (2×100=200).
Führt man eine Additionsaufgabe durch, so verschiebt man nun die Perlen entsprechend der addierten Zahl. Möchte man also 432 hinzuaddieren, teilt man auch diese Zahl in die entsprechenden Potenzen auf (2, 30, 400). Wieder verschiebt man die Perlen auf den entsprechenden Streben. Das Ergebnis lässt sich aus den einzelnen Leisten ablesen, nämlich in diesem Fall 6 Hunderter, 9 Zehner und 9 Einser. Folglich beträgt das Ergebnis 699. Wurden alle Kugeln auf einer Leiste aufgebraucht bzw. würden mehr benötigt, als links noch vorhanden sind, so verschiebt man zunächst die noch vorhandenen Kugeln nach rechts. Daraufhin ergänzt man eine Kugel in der nächsthöheren Potenzstrebe und verschiebt die aufgebrauchte Reihe komplett zurück nach links. Abschließend verschiebt man die übrige Anzahl der Kugeln der addierten Zahl, die man im ersten Schritt noch nicht zur Verfügung hatte, nach rechts. Das Ergebnis ist wie gewohnt am rechten Rand des Abakus ablesbar.
Das Subtrahieren am Abakus funktioniert ganz ähnlich, mit dem einzigen Unterschied, dass die Kugeln in diesem Fall von rechts nach links verschoben werden. Mit etwas Übung lassen sich auch Multiplikations- und Divisionsaufgaben problemlos lösen. Das Prinzip hierbei ist vergleichbar mit dem bei einer schriftlichen Multiplikation bzw. Division.
Der Abakus ist sicher noch als Stütze fürs Kopfrechnen nützlich. Besonders faszinierend ist jedoch die haptische Darstellung von Zahlen, die (nicht nur) vor Allem Kindern den Zugang zum abstrakten Zahlenraum erleichtert. Zahlen selbst „anfassen“ und manipulieren zu können, erhält durch die Sichtbarmachung am Abakus einen ganz besonderen Reiz.
D. Becker
Wissenschaftliche Praktikantin