Raritäten aus Kupfer, Silber, Jod und Brom – Daguerreotypien im Städtischen Museum
Das Städtische Museum besitzt in seinem Bestand eine umfangreiche Sammlung von Daguerreotypien des Göttinger Porzellanmalers Philipp Petri (1800-1868). Die fotografische Sammlung ist aufgrund ihrer zeitlichen und regionalen Geschlossenheit eine Besonderheit, denn nur selten erhält sich das Werk eines Fotografen in dieser Vollständigkeit. Auch die Nähe zu Petris Porzellanmalerei ist beachtlich, da er oftmals seine eigenen Porzellanobjekte als Dekoration in seinen Arbeiten verwendete (siehe Blogbeitrag 14. August 2015).
Petris Aufnahmen entstanden in den 1840er und 1850er Jahren. In dieser Zeit war die Daguerreotypie sehr verbreitet. Das Verfahren wurde 1839 erstmals in Paris der Öffentlichkeit präsentiert und ist der Vorläufer unserer heutigen Papierfotografie. Als Bildträger dienten versilberte Kupferplatten, die durch den Einsatz von Chemikalien wie Brom und Jod lichtempfindlich gemacht wurden. Aufgrund der langen Belichtungszeiten wurden die Daguerreotypien erst ausschließlich für Architekturaufnahmen genutzt, ab 1842 wurden vermehrt auch Porträts angefertigt. Die Daguerreotypie lieferte gestochen scharfe und sehr haltbare Bilder. Ein großer Nachteil war aber, dass die Werke nicht vervielfältigt werden konnten. Mit der Erfindung der Papierfotografie und Verfeinerung dieser Technik verlor die Daguerreotypie ab den 1860er Jahren zunehmend an Bedeutung.
Die Werke von Petri befinden sich seit 1905 in der Sammlung des Museums und stammen aus dem Nachlass seiner Enkelin. Die Porträtdaguerreotypien sind mit wertvollen Rahmen und Etuis aus Gold und Seide versehen, die aufwendigen Passepartouts aus farbigem Papier und Goldborten wirken sehr elegant und schmuckvoll. Die Fassungen erfüllten aber nicht nur repräsentative Zwecke, sondern schützten die empfindlichen Platten auch vor Umwelteinflüssen und Bestoßungen. Daguerreotypien müssen mit äußerster Vorsicht gehandhabt werden. Schon die Aufbewahrung in Papier kann feinste Kratzer auf den Oberflächen hinterlassen.
Der Chemnitzer Restaurator Jochen Voigt, der Professor an der Westsächsischen Hochschule Zwickau ist und zu den wenigen Daguerreotypie-Spezialisten in Deutschland zählt, begutachtete kürzlich die etwa 40 Objekte und informierte die Museumsarbeiter über die Konservierung und Aufbewahrung. Die Werke sind in einem überwiegend guten Zustand. Von vielen Daguerreotypien hat sich die originale Fassung erhalten, die für die Wertigkeit wichtig ist. Das am häufigsten vorliegende Schadensbild ist der so genannte „Wischer“. Diese feinen Kratzer auf den Oberflächen können durch das einfache Abwischen der Objekte mit einem Tuch – möglicherweise um Staub zu entfernen –entstanden sein. Zahlreiche Werke sind durch Silbersulfidbildung extrem verdunkelt und fleckig. Diese chemische Reaktion tritt nach dem Öffnen der Rahmen auf. Dabei wird die historische Versiegelung entfernt, und die Daguerreotypie ist nicht mehr luftdicht verschlossen. Wenige Platten sind vom Glaszerfall betroffen, der durch einen hohen Alkaligehalt in den Deckgläsern hervorgerufen wird. Die Schäden wurden meist durch Restaurierungsmaßnahmen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verursacht. Die Daguerreotypie erlebte 1910 eine Renaissance, die eine wahre Restaurierungsflut bestehender Werke auslöste. Diese frühen konservatorischen Maßnahmen entsprachen nicht den heutigen Standards und richteten unwissentlich zahlreiche Schäden an.
Voigt wird daher voraussichtlich in den folgenden Monaten 15 Objekte des Museums konservieren und restaurieren. Die Restaurierung ist eine komplexe Aufgabe. Um das Silbersulfid zu entfernen, müssen die Platten in einem elektrolytischen Bad gereinigt werden. Im Falle des Glaszerfalls werden die Daguerreotypien mit einem neuen chemikalienresistenten Glas versehen. Teilweise müssen auch Passepartouts erneuert und die Objekte stilgerecht wiederversiegelt werden, damit sie zukünftigen Generationen präsentiert werden können.
Daguerreotypie mit einem Bildnis von Philipp Petri, das zahlreiche oberflächliche Kratzer aufweist
Daguerreotypie mit dem Porträt eines Mannes mit Bratsche, das durch die Silbersulfidbildung extrem fleckig und kaum erkennbar ist.
Diese Daguerreotypie mit dem Bildnis zweier Konfirmandinnen ist in einem guten Zustand.
(Saskia Johann, wissenschaftliche Volontärin)