Im Porzellanmagazins befinden sich interessante Ansichten der Stadt Göttingen auf ganz unterschiedlichen Objekten: einemBierdeckel, einer Zündholzdose,einem Pfeifenkopf oder einer Tasse. Die dargestellten Bereiche in der Stadt variieren von öffentlichen Gebäuden wie dem Alten Rathaus und Straßenansichten über Ausflugslokale wie das Rohnsche Tanzlokal bis zu Gesamtansichten. Bei dieser sog. Vedutenmalerei werden Landschaften, Orten, Gebäuden, Straßen und Plätzen wirklichkeitsgetreu, topografisch und perspektivisch korrekt
dargestellt. Mitunter werden sie mit einer Staffage, d.h. Personen oder Tieren, angereichert. In den Porzellanmanufakturen gab es oftmals eine große Auswahl an Kupferstichvorlagen. Zahlreiche dieser Kupferstiche finden sich wiederum auch in der grafischen Sammlung des Museums.
Eine besondere Herausforderung für den Porzellanmaler war die Übertragung der überwiegend rechteckigen Vorlagen auf die jeweilige zu bemalende Fläche des Porzellans. Die Komposition wurde oft beibehalten, aber auch mal geändert oder auch mit künstlerischer Freiheit abweichend von der Vorlage umgesetzt. Bei den Exponaten in unserer Sammlung handelt es sich um farbige Porzellanmalerei, reich verziert wie bspw. die Kartusche auf der Zündelholzschale zeigt.
Im 19. Jahrhundert wurde Porzellan preiswerter, es wurde u.a. für die Herstellung von Souvenirs eingesetzt. Dazu gehörte auch die Produktion von Sammeltassen, die als Mitbringsel oder Erinnerungstasse in der Zeit des Biedermeiers in vielen Haushalten Einzug fand.
Auf diese Art und Weise war es möglich, Kenntnisse über fremde Städte zu vermitteln. Im Gegensatz zu den vielfältigen und schnellen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts, war es im 18. und 19. Jahrhundert beschwerlich, aktuelle Informationen oder Eindrücke zu Reiseziele zu erhalten. An dieser Stelle lässt sich erneut ein Bogen zu unserer grafischen Sammlung schlagen. Dort befinden zahlreiche grafische Blätter mit Göttinger Ansichten, darunter sind auch sog. Guckkastenblätter mit Motiven aus Göttingen. Die Guckkastenblätter kamen im 18. Jahrhundert auf und waren eines der ersten Massenmedien für die Verbreitung von Informationen. Von einem mit einem Guckkasten umherziehenden Guckkästner wurden sie auf Marktplätzen gezeigt und erläutert. Die Guckkastenblätter zeigten thematisch eine ganze Bandbreite wie historischen Ereignisse, die Sieben Weltwunder, biblische Themen oder Stadtansichten. So befindet sich Guckkastenblätter verschiedene Ansichten von Göttingen bei uns in der grafischen Sammlung.
Diese Art von crossover zeigt, wie abwechslungsreich und zugleich verbunden der stadtgeschichtliche Bezug der Sammlungsbereiche ist und wie Göttinger Ansichten als Motiv bei kulturgeschichtlichen Entwicklungen aufgegriffen wurden.
Abbildungen
- Bierdeckel, Inv.Nr. 193/869
- Erinnerungstasse Inv.Nr. 1994/99
- Zündelholzdose, 1857, Inv.Nr. 1989/232
- Erinnerungstasse1990/273
- Pfeifenkopf, Inv.Nr. 1982/483
- Guckkastenblatt, 18. Jahrhundert, Inv.Nr. 1904/661